Aelred von rievaulx, Die heilige Freundschaft

 

 

Was ist das Leben hier auf Erden ohne Freunde?

 

«Aelred: Wäre aber einer da, den du wie dich selbst lieben könntest, - der dich gleicherweise verwandelt?

Walter: Ja, so ist`s wirklich.

Aelred: Und würde dein eigenes Glück nicht mit der Zahl der an deinem Glücke Teilnehmenden wachsen?

Walter: Wahrhaftig, ja!                                                                                

Aelred: Darin besteht ja jene wunderbare verborgene Glückseligkeit, nach der wir uns sehnen; das ist ja unsere Hoffnung, Gott werde einmal in seiner Huld und Gnade über seine verklärte Schöpfung, über die Scharen seiner Heiligen, über jeden Auserwählten eine solche Fülle von Freundschaft und Liebe ausgießen, dass jeder Einzelne alle anderen zu lieben vermag wie sich selbst, - dass in diese Liebe einer sich über die Seligkeit des andern ebenso freuen kann, wie über seine eigene, - dass das Himmelsglück des Einzelnen das aller, und die Glorie aller Besitz jedes Einzelnen wird. In jener Welt gibt es kein Verheimlichen der Gedanken, kein Verbergen des Gefühls; dort ist wahre, dort ist ewige Freundschaft. Sie hat ihre Wurzeln in dieser Zeit, - droben findet sie ihre Vollendung. Hier, wo die Guten selten sind, ist diese heilige Freundschaft eine Seltenheit». 

 

(Aelred von Rievaulx, Die heilige Freundschaft, 3, hg. v. Karl Otten, München 1927, S. 80-81).


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